Wohlfühlklima für den Wohnraum

Lüftung und Wärmeversorgung von energieeffizienten Gebäuden

Lüftung und Wärmeversorgung von energieeffizienten Gebäuden

Die Energieeffizienz von Neubauten steigt. Doch Niedrigstenergiehäuser und selbst Passivhäuser kommen nicht ohne zusätzliche Wärmequelle aus. Spätestens an dunklen Wintertagen müssen auch deren Bewohner heizen. Gleichzeitig sind moderne Gebäudehüllen so dicht, dass Bewohner viel öfter lüften müssen als in den meisten Altbauten. Deswegen braucht es ein Lüftungskonzept. Wie sich dieses am besten umsetzen lässt und wie ein dazu passendes Wärmekonzept aussehen kann, darüber sprach das FACH.JOURNAL mit Jürgen Böhm, Produktmanager Schornsteinsysteme der ERLUS AG.


Herr Böhm, Häuser sind immer besser gedämmt und dadurch immer energieeffizienter. Welche Herausforderungen ergeben sich hieraus?

Bessere Dämmung bedeutet auch, dass die warme, aber verbrauchte und feuchte Luft zu lange im Gebäude bleibt. Frische Luft ist aber wichtig, um gesund zu leben und um Schäden am Bau, wie zum Beispiel Schimmelbildung, zu verhindern. Doch gerade bei zunehmend luftdichten Neubauten können Hausbewohner kaum für ausreichend Frischluft sorgen, indem sie alle Räume regelmäßig über die Fenster lüften. Sie sind auch nur bedingt dazu verpflichtet. Nach der DIN 1946 Teil 6 muss eine ausreichende Luftwechselrate nutzerunabhängig gewährleistet sein. Damit ist die Erstellung eines Lüftungskonzepts bei Neubauten Pflicht. Das Gleiche gilt für die Altbausanierung, wenn man mehr als ein Drittel der vorhandenen Fenster oder der Dachfläche erneuert.

Was bedeutet diese Pflicht in der Praxis?

Für das Lüftungskonzept ermittelt der Planer, wie viel Luft durch Infiltration, also Undichtigkeiten der Gebäudehülle ins Innere gelangt. Je dichter das Gebäude ist, umso geringer ist der Wert, der über die Blower-Door-Messung ermittelt wird. Ist der Luftvolumenstrom über Infiltration zu niedrig, sind lüftungstechnische Maßnahmen notwendig. Bleibt die Luftwechselrate trotzdem unzureichend, kann der Bauherr Folgeschäden als bautechnische Mängel auslegen und gegebenenfalls Ersatzansprüche geltend machen. Dies bedeutet ein erhebliches Haftungsrisiko für Architekten, Planer und Bauunternehmer.

Mit welchen lüftungstechnischen Maßnahmen beugt man Schäden vor?

Planer setzen mitunter passive Lüftungssysteme ein, die aus mehreren kleinen Öffnungen in der Wand bestehen, sogenannte Außenluftdurchlässe. In diesen ist eine schlagregensichere Klappe angebracht, die sich bei starkem Wind selbst schließt. Ansonsten steht sie offen, und die frische aber teilweise kalte Luft strömt durch das Loch ins Haus, während die verbrauchte und warme Luft nach draußen gelangt. Mittlerweile ist aber das kontrollierte Wohnraumlüften auf dem Vormarsch, da Bautenschutz und gute Luft mit dieser Maßnahme leicht und effizient sicherzustellen sind. Eine zentrale Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung kommt etwa bei Passivhäusern standardmäßig zum Einsatz.

Bei einem „normalen“ Neubau ist dies aber nicht der Fall.

Das stimmt, doch der Markt wandelt sich. Bisher lassen Planer und Bauherren einen bedeutenden Grund für Energieverluste außer Acht: Sie lassen Energie zum Fenster rausfliegen. Denn um eine ausreichende Luftwechselrate zu gewährleisten, geht beim Lüften über die Fenster oder über Öffnungen in der Wand die in der Raumluft enthaltene Wärme ungenutzt nach draußen. Gleichzeitig gelangt kalte Frischluft nach innen. Eine Komfortwohnraumlüftung reduziert solche Lüftungsverluste. Mit einem integrierten Wärmetauscher holt sie einen Großteil an Energie aus der Abluft zurück und führt diese der Frischluft wieder zu. Damit senkt sie dauerhaft den Energiebedarf eines Hauses und lässt sich beim Passivhaus gar als Alternative zur klassischen Zentralheizung einsetzen. Sie beugt Schäden vor und macht ein präzises, bedarfsgerechtes Lüften möglich, während Kälte, Pollen und Lärm draußen bleiben.

Einbau von Rohren, ein Lüftungsgerät, das Platz kostet und Strom benötigt und dann noch die regelmäßige Reinigung und Wartung ? Bauherren verbinden einen hohen Aufwand mit einer Lüftungsanlage und scheuen diesen. Haben sie nicht Recht?

Die wichtige Rolle der Dämmung für ein energieeffizientes Gebäude stellen Bauherren nicht mehr in Frage. Allerdings sind heute aus wirtschaftlicher Sicht die Möglichkeiten ausgereizt, noch mehr Energie über ein weiteres Verstärken der Dämmung zu sparen. Die Lüftung bietet hingegen noch Potential. […]