Vergleich von vertikalen und radialen Erdwärmesonden

Versuche zum thermischen Verhalten bei Bohrungen bis 100 m Tiefe im Labor- und Computermodell mittels Finite-Elemente-Analyse

Durch Finite-Elemente-Analyse konnte also gezeigt werden, dass die planerische Entscheidung hinsichtlich Tiefenlage und geometrischer Anordnung der Erdwärmesonden einen deutlichen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit und Lebensdauer eines Erdwärmesondengewerks hat.

Prof. Dr.-Ing. Richard Herrmann, Institut für Geotechnik Universität Siegen, Dipl.-Geologe Andreas Hagedorn MBA
Am Institut für Geotechnik der Universität Siegen, Fachbereich 10: Bauwesen, ergaben Modellexperimente, dass der Austausch von Wärmeenergie mit dem Untergrund bei radial angeordneten Erdwärmesonden anderen Mechanismen folgt, als dies bei benachbarten Vertikalbohrungen derselben Gesamtlänge der Fall ist. Um die Ergebnisse der Modellversuche zu evaluieren, wurden die Unterschiede zwischen vertikal und radial angeordneten Bohrungen in unterschiedlichen Tiefenlagen mittels Finite-Elemente-Analyse untersucht.

Die Ergebnisse stellen sich wie folgt dar: Die Finite-Elemente-Analysen (Steady-State) der Entwicklung der Temperatur um das Bohrloch zeigten, dass im günstigsten Fall die mittels Radialbohrungen entzogene Wärmemenge pro Tag um bis zu 114% über der eines Feldes von kurzen, aber in Summe gleich langen Vertikalbohrungen liegen kann. Diese deutlich höhere Energieeffizienz resultiert aus der niedrigen gegenseitigen Beeinflussung radial geneigter Sonden.

Transiente Finite-Elemente-Analysen, die den Einfluss der jahreszeitlichen Schwankungen der Oberflächentemperatur berücksichtigen, bestätigten die Aussagen der Gleichgewichtsanalysen. Das thermische Verhalten von kurzen Erdwärmesonden, d.s. Sonden bis ca. 50 m Tiefe (geneigt oder vertikal positioniert), unterscheidet sich signifikant vom thermischen Verhalten vertikaler Erdwärmesonden, die bis in eine Tiefe von 99 m u. GOK reichen. Flache Erdwärmesonden werden über einen bedeutenden Teil ihrer Wärmetauscherfläche maßgeblich durch den solaren Wärmeeintrag beeinflusst, tiefe Sonden dagegen wesentlich durch den geothermischen Flux.

Durch zeitlich hochauflösende transiente Finite-Elemente-Analyse konnte gezeigt werden, dass bei flachen Radialbohrungen die Soletemperatur im langjährigen Mittel höher liegt als bei tiefen Vertikalbohrungen. Die daraus nach 20 Jahren kumulierte Ersparnis der Betriebskosten kompensiert ca. 30% – 50% der aufgewendeten Bohrkosten. Durch Finite-Elemente-Analyse konnte also gezeigt werden, dass die planerische Entscheidung hinsichtlich Tiefenlage und geometrischer Anordnung der Erdwärmesonden einen deutlichen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit und Lebensdauer eines Erdwärmesondengewerks hat.

1. Experimentelle Untersuchungen an der Universität Siegen
Allgemeines
Es wurden Versuchskörper aus Beton mit maßstäblich verkleinerten Erdwärmesonden hergestellt und Kühl- und Aufheizversuchen unterworfen, um eine Abschätzung hinsichtlich der Energieeffizienz zu bekommen.
In den Kühlversuchen wurde zuerst die gesamte Versuchsanordnung über die Sondenmodelle (U-Rohre aus Glas) bis zu einem Steady-State Zustand heruntergekühlt, um danach die passive Wiedererwärmung auszuwerten. Beim Aufheizversuch (aktive Energiezufuhr über die Sondenmodelle) wurden die Sondenmodelle durch Heizschleifen ersetzt und die Aufheizung in der Umgebung der Bohrungen durch Thermografieaufnahmen bemessen. Verglichen wurden vier Versuchsmodelle, in die jeweils U-Rohre gegeneinander geneigt in Fallwinkeln von 30°, 45°, 60° und 90° –  gemessen von der Oberfläche des Modells – eingebaut waren, Abb.1. Die Versuche wurden im Labor bei konstanter Raumlufttemperatur durchgeführt.

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