Solares Bauen & Erneuerbare Energien erobern die Baubranche

Die Zukunft erfordert die Senkung des Energiebedarfs von Gebäuden

So wie das Energiesystem insgesamt vor einer massiven technischen Transformation steht, wird sich auch der Gebäudesektor fundamental verändern. Dabei steht neben einer drastischen Reduktion des Energieverbrauchs, insbesondere im Gebäudebestand, von Beginn an die Erzielung eines möglichst hohen Anteils vor Ort nutzbarer erneuerbarer Energien zur Deckung des verbleibenden Energiebedarfs im Fokus. Nur so kann der Bedarf an zeitlich begrenzt zur Verfügung stehenden Energieträgern zum Betrieb von Gebäuden ausreichend reduziert werden. Für Deutschland führt dies neben den positiven Effekten für die Umwelt zu einer signifikanten Reduktion der Abhängigkeit von internationalen Energiemärkten und bietet erhebliche Chancen zur Erschließung von Exportmärkten für die neu entwickelten Techniken und Konzepte.

Prof. Dr. rer. nat. Eicke R. Weber, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE
Gebäude tragen wesentlich zum Energieverbrauch in Deutschland bei. Ihr Unterhalt verschlingt mehr als 40 % der Endenergie – der Großteil entfällt dabei auf die Wärmeversorgung. Um das Ziel einer nachhaltigen Energieversorgung und die angekündigten klimapolitischen Ziele zu erreichen, ist eine zunehmende Deckung des Energiebedarfs auf Basis erneuerbarer Energien notwendig. Fossile Energieträger werden knapp und der Klimawandel kann kaum noch aufgehalten werden. Die Baubranche steht vor neuen Herausforderungen. Energieeffizientes Design und entsprechende Bauausführungen können den Energiebedarf von Gebäuden beträchtlich senken. Es bleibt aber stets ein Restbedarf, der nachhaltig aus erneuerbaren Quellen bereitgestellt werden kann. Einsparungen von 70 bis 80 Prozent sind durch solares und energieeffizientes Bauen möglich.


Die Entwicklung von nachhaltigen und zugleich wirtschaftlichen Szenarien für die Energieversorgung des Gebäudesektors ist eine komplexe Aufgabe, die unter anderem durch eine große Vielfalt sowohl im Bereich der Verbrauchsstruktur als auch im Bereich der korrespondierenden Versorgungsstrukturen gekennzeichnet ist. Wesentliche Elemente, die es bei der Entwicklung entsprechender Szenarien zu berücksichtigen gilt, sind unter anderem die Folgenden:

  • Nutzung:
    Wohn- und Nicht-Wohngebäude weisen sowohl hinsichtlich der Laststruktur als auch hinsichtlich der Eigentümer- und Betreiberstruktur wesentliche Unterschiede auf, die unterschiedliche technische Lösungen bedingen. Der Flächenbedarf nimmt zu und Komfortanforderungen werden höher.
  • Altbau – Neubau:
    Bei Altbauten müssen sowohl energetische Sanierungsmaßnahmen als auch neue Versorgungstechniken in eine bestehende Struktur integriert werden. Bei Neubauten kann von Beginn eines Bauprojekts an eine integrale Planung erfolgen, in der alle Elemente bezüglich Energiebedarf und -versorgung gemeinsam konzipiert und implementiert werden.
  • Verdichtung:
    Die Machbarkeit und auch Sinnhaftigkeit technischer Lösungen hängt stark vom Grad der Verdichtung ab. In innerstädtischen Räumen ergeben sich andere Randbedingungen für Versorgungslösungen als in wenig verdichteten Baugebieten oder gar einzelstehenden Gebäuden außerhalb von Siedlungsgebieten. Die Vermeidung von Verkehr ist dabei eine wesentliche städtebauliche Aufgabe.
  • Technologien:
    Im Bereich der Energieversorgungstechniken für Gebäude gibt es eine immense Bandbreite an Techniken zur Wärmebereitstellung, zur Klimatisierung, zur Strombereitstellung sowie zur gekoppelten Erzeugung von Wärme und Strom. Die Techniken unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Effizienz ebenso, wie hinsichtlich der nutzbaren Energieträger und der Möglichkeit des Einsatzes erneuerbarer Energien. Darüber hinaus spielt der technische Entwicklungsstand eine entscheidende Rolle für den Zeithorizont des Einsatzes.
  • Lebenszyklusanalyse:
    Es reicht grundsätzlich nicht aus, ein energieoptimiertes Versorgungskonzept zu entwerfen ohne den kumulativen Energieaufwand zu berücksichtigen. Gerade technisch aufwändige Lösungen können zwar im Betrieb eine hohe Energieeffizienz aufweisen, verursachen aber in der Herstellung einen hohen Energieaufwand. Letztlich müssen deshalb zur Bewertung unterschiedlicher Versorgungskonzepte Gesamtbetrachtungen entwickelt werden, die den gesamten Lebenszyklus implizieren.

Neben diesen strukturellen Faktoren spielen im Einzelfall spezifische Faktoren wie Standort, klimatische Bedingungen und wirtschaftliche Rahmenbedingungen eine Rolle, um eine jeweils angepasste, bestmögliche Lösung zu entwickeln.

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