Rauchdruckanlagen in Sicherheitsräumen

Differenzdruck-Regelung immer komplizierter

Differenzdruck-Regelung immer komplizierter

Das geflügelte Wort, frei nach Michail Gorbatschow, „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“ findet viele Anwendungen. Besonders zutreffend ist es aber im Bauwesen. Hier kommen TGA-Planer oft zu spät an den Tisch. Nicht aus eigenem Verschulden, sondern weil der Leitgedanke der Integralen Planung sich nur langsam durchsetzt. Doch gerade bei der Planung von Rauchdruckanlagen für Sicherheitstreppenhäuser ist dies perspektivisch definitiv nicht mehr akzeptabel. Denn schließlich müssen sie im Brandfall eines: Leben retten.


Das neue Verwaltungsgebäude eines namhaften Konzerns aus der Feder eines ebenso namhaften Architekten ist imposant, versprüht förmlich den visionären Geist des Unternehmens. Breite Treppenaufgänge, gesäumt von filigranen, kaum wahrnehmbaren Handläufen aus Holz und Edelstahldraht projizieren ein interessantes Schattenbild auf die glatten Betonwände und leiten unwillkürlich die Blicke der Besucher nach ganz oben – dort, wo die Konzernlenker hinter großen, aber verschlossenen Türen tagen und entscheiden. Dieser virtuelle Gang durch einen 3D-Entwurf erntet den begeisternden Applaus der Bauherren. Drei Tage später, bei einer Planungssitzung mit den Bauausführenden, fällt der Beifall jedoch deutlich gedämpfter aus. Schon der Hinweis des TGA-Planers, dass diese Treppenraumgestaltung wohl mehrere Einblasöffnungen für die Rauchdruckanlage (RDA) erfordern wird, projiziert nun Runzeln auf die Stirn des Architekten. Glücklicherweise früh genug, denn jetzt ist noch alles planbar.

Voraussetzungen von Rauchdruckanlagen

Diese fiktive Szene hat ausdrücklich keinen Bezug zu einem tatsächlichen Bauprojekt – kommt aber so oder ähnlich fast täglich vor. Noch häufiger ist allerdings, dass der TGA-Planer erst einbezogen wird, wenn das Treppenhaus schon gebaut ist. Deutliche Kostensteigerungen sind dann die logische Konsequenz. Denn sollen RDA in Sicherheitstreppenhäusern die Eigen- und Fremdrettung bei einem Brand ermöglichen, müssen physikalische und normative Grundvoraussetzungen erfüllt sein:

  • Wird zur Flucht aus einem Brandraum die Tür zum Sicherheitstreppenhaus geöffnet, muss Luft mit einer Geschwindigkeit von mindestens 0,75 m/s bzw. 2 m/s in den Brandraum strömen, um die Rauchgase an einem Übertritt ins Treppenhaus zu hindern.
  • Um die vorgegebene Strömungsgeschwindigkeit an den Türen herzustellen, muss der Überdruck im Sicherheitstreppenraum mindestens 15 Pa betragen. Der maximale Differenzdruck zu den abgehenden Räumen darf aber 50 Pa nicht überschreiten, da sonst die Türen von den Flüchtenden nicht mehr zu öffnen sind.
  • Die maximale Türöffnungskraft darf 100 N nicht überschreiten. So ist auch Kindern die selbstständige Eigenrettung möglich.
  • Werden Türen zum Sicherheitstreppenraum geöffnet, ändern sich automatisch die Druckverhältnisse im Trep-
    penhaus. Um den erforderlichen Differenzdruck von 15 bis 50 Pa zum Rückhalten der Rauchgase wiederherzustellen, muss die RDA das dazu erforderliche Luftvolumen in einem Reaktionszeitraum von höchstens drei Sekunden zu 90 % erreicht haben.

Durch diese Vorgaben der Norm DIN EN 12101-6 besteht eine direkte Wechselwirkung zwischen der Gestaltung von Treppenräumen, der Festlegung von Türgrößen und der Funktionsfähigkeit von RDA. […]