Oberschwingungen Kapitel 4: Normen und Standards für Oberschwingungen

6 Themen um Oberschwingungen und Netzqualität in Stromversorgungsnetzen

Autor: Alexander Kamenka

Inhalt des 4. Kapitels – Normen und Standards für Oberschwingungen:

  • Überblick
  • Normen für Betriebsmittel
    • Norm IEC 61000-3-2 für Niederspannungsgeräte mit einem Nennstrom von bis zu und einschließlich 16 A
    • Norm IEC 61000-3-12 für Niederspannungsgeräte mit einem Nennstrom von mehr als 16 A und maximal 75 A
  • Normen zur Qualität von Verteilnetzen
    • Norm EN 50160
    • IEEE 519
    • Richtlinie G5/4
    • Norm D.A.CH.CZ
  • Normen bezüglich der Kompatibilität zwischen Verteilnetz und Produkten
    • Norm IEC 61000-2-2 für öffentliche Niederspannungsnetze
    • Norm IEC 61000-2-4 für Niederspannungs- und Mittelspannungs-Industrieanlagen

Überblick

Es liegt auf der Hand, warum Normen und Grenzwerte für Oberschwingungen entwickelt wurden. Oberschwingungen in einem Netz müssen begrenzt werden, wenn eine Spannungsqualität mit akzeptablen Verzerrungspegeln geliefert werden soll. Wie bereits beschrieben, gilt es, die Einstreuung von Oberschwingungsströmen durch jeden einzelnen Kunden zu limitieren, so dass keine Spannungsverzerrung im Gesamtsystem verursacht wird. Für die Aussendung von Oberschwingungen gelten diverse Normen und Vorschriften:

  • Emissionsstandards für Betriebsmittel, die Oberschwingungen erzeugen
  • Verträglichkeitsnormen für Verteilnetze
  • Empfehlungen von Versorgungsbetrieben hinsichtlich Anlagen

Diese Normen werden in den folgenden Kapiteln beschrieben.


Normen für Betriebsmittel

Norm IEC 61000-3-2 für Niederspannungsgeräte mit einem Nennstrom von bis zu und einschliesslich 16 A

Die Norm IEC 61000-3-2 befasst sich mit Festlegungen für Oberschwingungsströme, die von elektrischen und elektronischen Geräten mit einem Eingangsstrom <= 16 A je Leiter, die zum Anschluss an ein öffentliches Niederspannungs-Stromversorgungsnetz vorgesehen sind, verursacht werden. Die Norm definiert Grenzwerte für die Oberschwingungsanteile des Eingangsstromes, die von unter definierten Bedingungen geprüften Geräten erzeugt werden können.

Ziel dieser Norm ist es, Grenzwerte für die Oberschwingungsaussendung von Geräten festzulegen, so dass, unter Berücksichtigung der Emissionen anderer Geräte, durch Einhalten der Grenzwerte sichergestellt wird, dass die Störpegel aufgrund von Oberschwingungen die in der Norm IEC 61000-2-2 spezifizierten Verträglichkeitspegel nicht überschreiten. Im Kontext der Oberschwingungsstrombegrenzung werden Geräte in 4 Klassen unterteilt:

Klasse A:

  • Symmetrische dreiphasige Geräte
  • Haushaltgeräte, die nicht in Klasse D sind
  • Elektrowerkzeuge, ausgenommen tragbare Elektrowerkzeuge
  • Beleuchtungsregler (Dimmer) für Glühlampen
  • Audio-Einrichtungen
  • Geräte, die nicht in eine der drei folgenden Klasse fallen

Klasse B:

  • Tragbare Elektrowerkzeuge
  • Nicht professionell genutzte Lichtbogenschweißeinrichtungen

Klasse C:

  • Beleuchtungseinrichtungen

Klasse D:

  • Nachfolgende Produkte mit einer Leistungsaufnahme von weniger oder gleich 600 W:
    • Personalcomputer und PC-Monitore
    • Fernsehempfänger (TV) und Rundfunkempfänger

 

Tabelle 7 zeigt die Grenzwerte für Geräte der Klasse A. Die Grenzwerte beziehen sich auf fixe Werte für Oberschwingungsströme der 2. bis 40. Ordnung. Für Geräte der Klasse B lassen sich diese Grenzwerte mit einem Faktor von 1,5 multiplizieren.

61000-3-2 Grenzwerte für Geräte der Klasse A

Tab. 7: 61000-3-2 Grenzwerte für Geräte der Klasse A

Tabelle 8 zeigt die Grenzwerte für Geräte der Klasse C mit einer Wirkleistung von mehr als 25W. Die maximal zulässigen Oberschwingungsströme werden als Prozentzahl des Grundeingangsstroms angegeben.

Für Geräte der Klasse C mit einer Eingangsleistung von weniger oder gleich 25W gelten entweder die Werte aus Tabelle 8, oder der Oberschwingungsstrom der 3. Ordnung darf nicht mehr als 86% und der Oberschwingungsstrom der 5. Ordnung nicht mehr als 61% des Grundschwingungsstroms betragen (weitere Einzelheiten entnehmen Sie bitte der Norm).

61000-3-2 Grenzwerte für Geräte der Klasse C

Tab. 8: 61000-3-2 Grenzwerte für Geräte der Klasse C

Für Geräte der Klasse D werden die Grenzwerte in Tabelle 9 in mA/W angegeben.

61000-3-2 Grenzwerte für Geräte der Klasse D

Tab. 9: 61000-3-2 Grenzwerte für Geräte der Klasse D


Norm IEC 61000-3-12 für Niederspannungsgeräte mit einem Nennstrom von mehr als 16 A und maximal 75 A

Die Norm IEC 61000-3-12 befasst sich mit Anforderungen und Grenzwerten für Oberschwingungsströme, die von Geräten und Einrichtungen verursacht werden, die einen Bemessungsstrom oberhalb 16 A bis maximal 75 A haben und zum Anschluss an das öffentliche Niederspannungs-Versorgungsnetz folgenden Typs vorgesehen sind:

  • Nennspannung bis 240 V, einphasig, zwei oder drei Leiter
  • Nennspannung bis 690 V, dreiphasig, drei oder vier Leiter
  • Nennfrequenz 50 Hz oder 60 Hz

Weitere Verteilsysteme sind davon ausgeschlossen. Die in dieser Norm spezifizierten Grenzwerte sind anwendbar für Geräte bei Anschluss an 230/400V 50Hz Systeme. Die in den Tabellen angegebenen Grenzwerte für Oberschwingungsströme gelten für alle Leitungsströme, nicht jedoch für den Strom im Neutralleiter. Hat ein Gerät mehrere Nennströme, wird für jede Stromstärke eine Einteilung vorgenommen.

Die Tabellen 10 bis 13 listen die Grenzwerte für Oberschwingungen auf. Geräte, die die Grenzwerte für Oberschwingungsströme entsprechend einem Kurzschlussverhältnis RSCE = 33 einhalten, eignen sich für den Anschluss an jeder Stelle des Verteilsystems. Das Kurzschlussverhältnis lässt sich folgendermaßen berechnen:

Formel 1

wobei

Formel 2SSC= Wert der Dreiphasenkurzschluss-Leistung ermittelt aus der Nenn-Aussenleiterspannung UNenn und dem Betrag der Aussenleiter-Impedanz Z des Versorgungsnetzes am Verknüpfungspunkt:

Dabei ist Z die Impedanz des Versorgungsnetzes bei Netzfrequenz.

 

Sequ = kalkuliert auf Basis des Gerätenennstroms Iequ wie vom Hersteller definiert und der Bemessungs-Spannung Up (einphasig) oder Ui (zwischen zwei Phasen) wie folgt:

Sequ = Up * Iequ für einphasige Geräte
Sequ = Ui * Iequ für zweiphasige Geräte
Sequ = √3Ui * Iequ für symmetrisch dreiphasige Geräte
Sequ = √¯3Ui * Iequ max für unsymmetrische Dreiphasengeräte, wobei Iequ max der Höchstwert des Effektivstroms ist, der in einer der drei Phasen fliesst

Iequ = Eingangsstrom des Geräts wie vom Hersteller definiert und entsprechend auf dem Leistungsschild des Gerätes gekennzeichnet oder in der Produktdokumentation angegeben.

Weiterführende Informationen finden Sie in der Normen-Dokumentation.

61000-3-12 Stromemissions-Grenzwerte für Geräte ausser symmetrischen Dreiphasengeräten

Tab. 10: 61000-3-12 Stromemissions-Grenzwerte für Geräte außer symmetrischen Dreiphasengeräten

 

61000-3-12 Stromemissions-Grenzwerte für symmetrische Dreiphasengeräte

Tab. 11: 61000-3-12 Stromemissions-Grenzwerte für symmetrische Dreiphasengeräte

 

Tabelle 12 lässt sich auf symmetrische dreiphasige Geräte anwenden, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt wird:

  • Die Oberschwingungsströme der 5. und 7. Ordnung sind während der gesamten Test-Beobachtungszeit jeweils kleiner als 5% des Referenzstroms.
  • Das Gerät ist so konstruiert, dass der Phasenwinkel des Oberschwingungsstroms der 5. Ordnung über die Zeit keinen bevorzugten Wert hat und innerhalb des gesamten Intervalls jeden Wert annehmen kann [0°, 360°].
  • Der Phasenwinkel des Oberschwingungsstroms der 5. Ordnung bezogen auf die Phasen-Neutralleiter-Grundspannung liegt während der gesamten Test-Beobachtungszeit im Bereich von 90° bis 150°.
61000-3-12 Stromemissions-Grenzwerte für symmetrische Dreiphasengeräte unter bestimmten Bedingungen

Tab. 12: 61000-3-12 Stromemissions-Grenzwerte für symmetrische Dreiphasengeräte unter bestimmten Bedingungen

 

Tabelle 13 lässt sich auf symmetrische Dreiphasen-Geräte anwenden, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt wird:

  • Die Oberschwingungsströme der 5. und 7. Ordnung sind während der gesamten Test-Beobachtungszeit jeweils kleiner als 3% des Referenzstroms.
  • Das Gerät ist so konstruiert, dass der Phasenwinkel des Oberschwingungsstroms der 5. Ordnung über die Zeit keinen bevorzugten Wert hat und innerhalb des gesamten Intervalls jeden Wert annehmen kann [0°, 360°].
  • Der Phasenwinkel des Oberschwingungsstroms der 5. Ordnung bezogen auf die Phasen-Neutralleiter-Grundspannung ist während der gesamten Test-Beobachtungszeit im Bereich von 150° bis 210°.
61000-3-12 Stromemissions-Grenzwerte für symmetrische Dreiphasengeräte unter bestimmten Bedingungen

Tab. 13: 61000-3-12 Stromemissions-Grenzwerte für symmetrische Dreiphasengeräte unter bestimmten Bedingungen


Normen zur Qualität von Verteilnetzen

Norm EN 50160

Die Norm EN 50610 ist das wichtigste Dokument, das sich mit der Netzqualität in Europa und weiteren Teilen der Welt befasst. Sie charakterisiert die wesentlichen Merkmale der elektrischen Spannung in öffentlichen Verteilsystemen am Netzanschlusspunkt in öffentlichen Nieder- (LV), Mittel- (MV) und Hochspannungs-Wechselstromnetzen (HV) unter normalen Betriebsbedingungen. Die Norm definiert also eine sogenannte Mindestqualität der Spannung, die dem Benutzer(-gerät) am Verknüpfungspunkt zur Verfügung steht. Diese Mindestqualität ist erforderlich, damit ein installiertes Gerät einwandfrei funktioniert.

Die in der Norm EN 50610 festgelegten Grenzwerte sind vom Versorger zu garantieren. Doch wie schon beschrieben, selbst wenn die in EN 50160 genannten Anforderungen erfüllt werden, bedeutet das für viele Kunden nicht automatisch eine zufriedenstellende Netzqualität und keine Probleme. Die Norm behandelt Spannungsmerkmale bezüglich Frequenz, Größe, Kurvenform und Phasensymmetrie und enthält Definitionen sowie gegebenenfalls Messmethoden und Angaben zu Erfüllungsgraden für folgende Eigenschaften der Versorgungsspannung:

  • Netzfrequenz
  • Spannungseinbrüche
  • Spannungshöhe, langsame Spannungsänderungen
  • Versorgungsunterbrechungen (kurz, lang)
  • Schnelle Spannungsänderungen, Flicker
  • Spannungsunsymmetrie
  • Transiente und netzfrequente Überspannungen
  • Frequenz
  • Spannungsform (Oberschwingungen)
  • Signalspannungen

Die Oberschwingungsspannungsanforderungen unter normalen Betriebsbedingungen sind für eine Dauer von je einer Woche definiert; 95% der 10-Minuten-Effektivwerte jeder individuellen Oberschwingungsspannung müssen kleiner oder gleich der Werte in Tabelle 14 sein. Resonanzen können höhere Spannungen für eine einzelne Oberschwingung verursachen. Darüber hinaus muss der THD der Versorgungsspannung (einschliesslich aller Oberschwingungen bis zur 40. Ordnung) kleiner oder gleich 8% sein.

Grenzwerte der individuellen Oberschwingungsspannungen an den Anschlusspunkten, in Prozent der Grundspannung

Tab. 14: Grenzwerte der individuellen Oberschwingungsspannungen an den Anschlusspunkten, in Prozent der Grundspannung

 


IEEE 519

IEEE 519 ist ein gemeinsam von Versorgern und Kunden betriebener Ansatz, um die Beeinträchtigung durch nichtlineare Lasten einzudämmen. Es werden die empfohlene Praxis und Anforderungen an die Einhaltung von Oberschwingungsgrenzwerten in Stromversorgungsnetzen beschrieben. Die systemweiten Spannungs- und Stromkurvenformen werden beschrieben und Ziele für die Entwicklungsarbeit hinsichtlich Kurvenformverzerrung definiert.

Der wichtigste Aspekt dieser Norm sind die darin enthaltenen Grenzwerte am Verknüpfungspunkt (PCC) für Versorger (THD der Netzspannung) und für individuelle Verbraucher (Kundenanlage als Ursache für Oberschwingungsströme und deren Migration in das Stromversorgungsnetz):

  1. Begrenzung der durch die einzelnen Kunden eingebrachten Oberschwingungen, so dass keine inakzeptablen Spannungsverzerrungen bei normalen Systemkennwerten verursacht werden.
  2. Begrenzung der gesamten Oberschwingungsverzerrung (THDu) im Versorgungsnetz

Als Verknüpfungspunkt ist die Schnittstelle zwischen Quellen und Lasten beschrieben. Die zulässigen individuellen Oberschwingungsströme und der gesamte Oberschwingungsgehalt werden bezogen auf das Verhältnis des verfügbaren Kurzschlussstroms zum gesamten benötigten Grundlaststrom (ISC / IL) am Verknüpfungspunkt angegeben. Die Grenzwerte werden als Prozentsatz von IL für alle geraden und ungeraden Oberschwingungen ab der 2. bis zur 40.Oberschwingung angegeben. Wenn die Ziele und Grenzwerte des Standards eingehalten werden, lassen sich Störungen von elektrischen Geräten minimieren.

Tabelle 15 zeigt die Basisgrenzwerte für Oberschwingungsströme; Tabelle 16 die Grenzwerte für Oberschwingungsströme basierend auf der Größe der Last im Verhältnis zur Größe des Stromversorgungssystems, mit dem die Last verbunden ist. ISC / Ibeschreibt das Verhältnis des Kurzschlussstroms am Verknüpfungspunkt zum maximalen Grundlaststrom.

Die IEEE-Norm 519-1992 bezieht sich zudem nicht auf den THDi sondern auf den Total Demand Distortion (TDD), den maximalen Gesamtverzerrungsfaktor. Dabei wird der gesamte Oberschwingungsgehalt auf den Grundschwingungsanteil des maximalen Strom-Nennwertes I(15 oder 30 Minuten Intervalle) bezogen und nicht wie beim THDi auf den jeweiligen Grundschwingungsstrom I1.

Die in Tabelle 10-3 gezeigten Grenzwerte sollten beim Systementwurf als Worst-Case bei Normalbetrieb berücksichtigt werden (länger als eine Stunde andauernde Bedingungen). Für kürzere Zeiträume, während des Hochfahrens oder unter außergewöhnlichen Bedingungen dürfen die Grenzwerte um 50% überschritten werden.

Basisgrenzwerte für Oberschwingungsströme

Tab. 15: Basisgrenzwerte für Oberschwingungsströme

 

Stromverzerrungsgrenzwerte für Verteilsysteme (120V bis 69000V)

Tab. 16: Stromverzerrungsgrenzwerte für Verteilsysteme (120V bis 69000V)

Tabelle 17 zeigt die Spannungsverzerrungsgrenzwerte, die beim Systementwurf zu berück-sichtigen sind. Auch diese Werte beziehen sich auf den Worst-Case bei Systemnormalbetrieb.

Grenzwerte für Spannungsverzerrung

Tab. 17: Grenzwerte für Spannungsverzerrung

 


Richtlinie G5/4

G5/4 gültig für Großbritannien und Hongkong identifiziert Verbraucher an ihrem Verknüpfungspunkt (PCC) mit dem Versorger, und definiert Grenzen für die Oberschwingungsverzerrung. G5/4-1 gilt daher für alle Verbraucher die an das öffentliche Stromversorgungsnetz angeschlossen sind oder werden sollen. Die Richtlinie G5/4 deckt die Planungsebenen für Oberschwingungsspannungsverzerrung ab, die beim Anschluss nichtlinearer Geräte zu berücksichtigen sind. Diese Planungsebenen wurden hinsichtlich der Verträglichkeitspegel für die Oberschwingungsspannungsverzerrung festgelegt.

Es wird ein Prozess zur Etablierung individueller kundenseitiger Emissionsgrenzwerte basierend auf diesen Planungsebenen beschrieben. Die Planungsebenen für Oberschwingungsspannungsverzerrung sollten beim Anschluss nichtlinearer Lasten und Erzeuger an Übertragungssysteme im Hinblick auf die Richtlinien der Grid Codes (Netzanschlussregeln) oder an Verteilnetze im Hinblick auf die Richtlinien der Distribution Codes nicht überschritten werden.

Tabelle 18 zeigt eine Zusammenfassung der THD-Planungsebenen und Tabelle 19 die Planungsebenen für Oberschwingungsspannungen in 400V-Systemen. In Tabelle 20 sind die Stromoberschwingungsgrenzwerte für Lasten mit einem Nennstrom von >16A pro Phase aufgeführt.

 

Zusammenfassung der THD-Planungsebenen

Tab. 18: Zusammenfassung der THD-Planungsebenen

 

Planungsebenen für Oberschwingungsspannungen in 400V-Systemen

Tab. 19: Planungsebenen für Oberschwingungsspannungen in 400V-Systemen

 

Max. zulässige OS-Stromemission in Ampere-RMS für Gesamtlasten und Geräte mit einer Nenn-leistung >16A pro Leiter

Tab. 20: Max. zulässige OS-Stromemission in Ampere-RMS für Gesamtlasten und Geräte mit einer Nenn-leistung >16A pro Leiter

 


Norm D.A.CH.CZ

Netzbetreibern (EVU) muss es möglich sein, Netzrückwirkungen, die von mit ihren Netzen verbundenen elektrischen und elektronischen Geräten und Erzeugern verursacht werden, sowie die entsprechenden Auswirkungen in einem tolerierbaren Bereich zu halten, auch wenn sich die Rahmenbedingungen ändern (siehe EN 50160). Im Sinne einer angemessenen Verteilung der sich daraus ergebenden Verantwortlichkeiten kommen folgende Aufgabengebiete infrage:

  • Geeignete Entwurfs- und betriebliche Maßnahmen in den Netzwerken unter Berücksichtigung der objektiven Qualitätsanforderungen und wirtschaftlichen Begründung
  • Anpassung der Grenzwerte für Anforderungen an elektrische Geräte und Anlagen in den relevanten EMV-Normen sowie deren Einhaltung
  • Gegebenenfalls Verpflichtung zum Ergreifen von Abhilfemaßnahmen zur Reduzierung von Netzrückwirkungen

Die D.A.CH.CZ definiert also technische Richtlinien für die Beurteilung von Netzrückwirkungen in Deutschland (D), Österreich (A), der Schweiz (CH) und Tschechien (CZ) und findet ebenso Berücksichtigung in den Technischen und Organisatorischen Regeln für Betreiber und Benutzer von Netzen (TOR) in Österreich, der Verordnung Nr. 306 in Tschechien, den «Regeln für den Zugang zu Verteilungsnetzen» (Distribution Code) in der Schweiz sowie in den «Technischen Anschlussbedingungen» (TAB) in Deutschland.

Alle Arten von Netzrückwirkungen sind am Verknüpfungspunkt V zu bewerten. Bewertungsgrundlage ist in jedem Fall die Kurzschlussleistung SkV am Verknüpfungspunkt. Bei der Ermittlung der Kurzschlussleistung ist von normalen Betriebsbedingungen auszugehen, die die kleinste Kurzschlussleistung ergeben. Vorübergehende, betriebsbedingt außergewöhnliche Schaltzustände werden nicht berücksichtigt.

Die Netzimpedanz am Verknüpfungspunkt V setzt sich aus der Impedanz des übergeordneten Netzes sowie den Impedanzen von Transformatoren und Leitungen zusammen. Die D.A.CH.CZ definiert und listet technische Vorschriften und Grenzwerte hauptsächlich hinsichtlich Spannungsänderungen und Flicker, Spannungsunsymmetrie und Oberschwingungen.

Tabelle 14 zeigt die Grenzwerte der individuellen Oberschwingungsspannungen an den Anschlusspunkten wie in EN50160 definiert. Um die Anforderungen hinsichtlich der Oberschwingungspegel am Anschlusspunkt zu erfüllen (i.d.R. Niederspannungsschiene des Transformators oder Klemmen des Anschlussstromunterbrechers), müssen die maximal zulässigen Pegel auf der Seite der Kundenanlage niedriger sein.

Damit die genormten Verträglichkeitspegel für Oberschwingungsspannungen eingehalten werden können, müssen die Oberschwingungsströme aus den einzelnen Anlagen der Netzbenutzer begrenzt werden. Die Oberschwingungsspannung ergibt sich aus dem entsprechenden Oberschwingungsstrom und der Netzimpedanz für die jeweilige Oberschwingung. Dazu werden Emissionsgrenzwerte sowohl für individuelle Oberschwingungsströme als auch für die Gesamtheit aller Oberschwingungsströme festgelegt. Abbildung 11 zeigt das Bewertungsschema für Oberschwingungen aus der D.A.CH.CZ.

Weitere Informationen finden Sie in der Dokumentation der Richtlinie D.A.CH.CZ. in den in Klammern angegebenen Kapiteln.

D.A.CH.CZ. Bewertungsmodell für Oberschwingungen

Abb. 11: D.A.CH.CZ. Bewertungsmodell für Oberschwingungen

 


Normen bezüglich der Kompatibilität zwischen Verteilnetz und Produkten

Diese Normen bestimmen die erforderliche Verträglichkeit zwischen den Verteilnetzen und Produkten:

  • Die von einem Gerät erzeugten Oberschwingungen dürfen das Verteilnetz nicht über bestimmte Grenzen hinaus stören.
  • Jedes Gerät muss in der Lage sein, bei Netzrückwirkungen bis zu bestimmten definierten Pegeln normal zu arbeiten.

Norm IEC 61000-2-2 für öffentliche Niederspannungsnetze

Die Norm IEC 61000-2-2 legt Verträglichkeitspegel für niederfrequente leitungsgeführte Störgrössen und Signalübertragung in öffentlichen Niederspannungsnetzen für den Fre-quenzbereich 0 Hz bis 9 kHz mit einer Erweiterung auf 148,5 kHz für die Signalübertragung auf elektrischen Niederspannungsleitungen fest. Betrachtet werden u.a. Spannungsschwankungen und Flicker, Oberschwingungen, Zwischenharmonische, Spannungseinbrüche und Kurzzeitunterbrechungen der Versorgungsspannung, Spannungsunsymmetrie, transiente Überspannungen und zeitweilige Schwankungen der Netzfrequenz.

Um die Verträglichkeit sicherzustellen, müssen die Immunitätspegel von Niederspannungsanlagen über den Verträglichkeitspegeln liegen. Auch sollte der kumulative Effekt von Emissionen keine Störungen oberhalb der Verträglichkeitspegel verursachen. Verträglichkeitspegel liegen derzeit für Niederspannungsversorgungen vor.

Demnach könnte die Norm IEC 61000-2-2 zu einem Vergleich der vom EVU gelieferten Spannungsqualität herangezogen werden. Dennoch stellt sie keine Norm für die Netzqualität dar. Im Wesentlichen definieren EVUs die Netzqualität in Europa hinsichtlich der Spannungseigenschaften, die unter normalen Bedingungen zu erwarten sind, auf Basis der CENELEC-Norm EN50160. Diese spezifiziert die maximal akzeptablen Pegel für Mittel- und Niederspannungssysteme (<35 kV bzw. <1 kV). Die in der Norm IEC 61000-2-2 spezifizierten Verträglichkeitspegel sind prinzipiell vergleichbar oder etwas weniger streng als in der Norm EN 50160.


Norm IEC 61000-2-4 für Niederspannungs- und Mittelspannungs-Industrieanlagen

Dieser Teil der IEC 61000 befasst sich mit leitungsgeführten Störgrössen in einem Fre-quenzbereich von 0 kHz bis 9 kHz. Sie spezifiziert numerische Verträglichkeitspegel für in-dustrielle und nichtöffentliche Stromverteilnetze bis 35 kV Nennspannung und 50 Hz oder 60 Hz Nennfrequenz. Die Verträglichkeitspegel sind für elektromagnetische Störgrössen spezifiziert, die an jedem netzinternen Verknüpfungspunkt in industriellen und nichtöffentlichen Netzen auftreten können, und bieten Orientierung hinsichtlich:

a) der Grenzwerte für Störemission in industriellen Anlagen;
b) der Auswahl von Immunitätspegeln für Geräte innerhalb dieser Anlagen.


Quellen:

  • EN 50160, Voltage characteristics of electricity supplied by public distribution systems, 2011
  • Technische Anschlussbedingungen (Technical requirements of connection), VDEW
  • IEEE Std. 519-1992: Recommended Practices and Requirements for Harmonic Control in Electric Power Systems.
  • IEC 61000-3-2 Electromagnetic compatibility (EMC) – Part 3-2: Limits – Limits for har-monic current emissions (equipment input current <= 16 A per phase) (IEC 61000-3-2:2005 + A1:2008 + A2:2009); German version EN 61000-3-2:2006 + A1:2009 + A2:2009
  • IEC 61000-3-12 ed. 2 Electromagnetic compatibility (EMC) – Part 3-12: Limits – Limits for harmonic currents produced by equipment connected to public low-voltage systems with input current >16 A and ≤ 75 A per phase
  • IEC 61000-4-30, 2003: Power quality measurement methods
  • IEC 61000-2-2: Electromagnetic compatibility — part 2-2, environment compatibility le-vels for low-frequency conducted disturbances and signaling in public and low voltage
  • Engineering Recommendation G5/4-2
  • D-A-CH-CZ- Technical Rules for the Assessment of Network Disturbances, VSE 2007
  • IEC 61000-2-2 ed. 2 Electromagnetic compatibility (EMC) – Part 2-2: Environment – Compatibility levels for low-frequency conducted disturbances and signalling in public low-voltage power supply systems
  • IEC 61000-2-4 Electromagnetic compatibility (EMC) – Part 2-4: Environment – Compati-bility levels in industrial plants for low-frequency conducted disturbances

 

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