Energie und Energieträger im Kontext von Niedrigst- und Plusenergie-Gebäuden

Effiziente Wärmeversorgung bei Niedrigst- und Plusenergie-Gebäuden nur mit Energiebereitstellung über speicherbare Energien möglich

Effiziente Wärmeversorgung bei Niedrigst- und Plusenergie-Gebäuden nur mit Energiebereitstellung über speicherbare Energien möglich

Zukunftsfähige Energiekonzepte für Einfamilienhäuser. Energetische Anforderungen, Variantenaufstellung und energetische Bewertung der Varianten.

Auch wenn schon viel über den Niedrigst-, Null- und Plus­energie-Gebäudestandard geschrieben worden ist, soll hier nochmals klargestellt werden, dass jedes Gebäude ein Energieverbraucher ist. Gebäude bieten aber die Möglichkeit, Systeme und Infrastruktur zu installieren, die Erneuerbare Energien in Nutz- bzw. Endenergie umwandeln und bereitstellen. Allen voran ist hier die Photovoltaik (PV) zu nennen. Wenn Verluste und Verbrauch von Energie auf der einen Seite und die Bereitstellung aus Erneuerbarer Energie auf der anderen Seite gleich groß sind, spricht man von einem Nullenergie-Gebäude.
In der logischen Folge ist ein Plusenergie-Gebäude so ausgestattet, dass dort mehr Nutz- und Endenergie aus Erneuerbaren Energiequellen erzeugt, als verbraucht wird. In diesem Fall muss der Energieüberschuss in ein Wärme- oder Stromnetz eingespeist werden. Eine attraktive Alternative ist die Nutzung des Stromüberschusses, um Batterien für die Elektromobilität zu laden. Entscheidende Fragen bei der Energiebilanzierung sind der Bilanzierungszeitraum und die Anrechenbarkeit verschiedener Energieformen; beispielsweise ob ein PV-Stromüberschuss im Sommer mit einem erhöhten Heizwärmebedarf im Winter gegengerechnet werden kann. Für den schon bald gesetzlich geforderten Niedrigstenergie-Gebäudestandard liegen hierzu in Deutschland noch gar keine verbindlichen Definitionen vor.


Fakt ist, dass eine tatsächliche Autarkie bei diesen Gebäuden in der Regel nicht gegeben und auch nicht sinnvoll ist. Ziel der neuen Standards ist es, neben der Reduzierung der CO2-Emissionen vor allem einen Beitrag zur Entlastung der öffentlichen Versorgungsnetze insbesondere der Stromnetze zu leisten, was leider viel zu wenig ­Beachtung findet. Vor diesem Hintergrund ist auch zu sehen, dass die Energieerzeugungsanlagen am Gebäude oder zumindest auf dem Grundstück installiert werden müssen.
Am Institut für Gebäude und Energiesysteme (IGE) der Hochschule Biberach hat man verschiedene Energiekonzepte für Einfamilienhäuser erstellt und untersucht, die nicht nur den gesetzlichen Anforderungen an den Niedrigstenergie-Standard gerecht werden, sondern auch der Entlastung der öffentlichen Stromnetze Rechnung tragen. Hierbei wurde das Augenmerk primär auf die Bezahlbarkeit und nicht auf den technischen Perfektionismus der Systeme gelegt. Denn auch hier gilt das Sprichwort „die Perfektion ist der Tod des Guten“.

Unklare Energiegesetzgebung

In Deutschland existiert eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen, die An­forderungen an die energetische Qualität von Gebäuden und ihren Energiesystemen stellen. Abb. 1 soll hier einen groben Überblick geben und stellt die wichtigsten Gesetze, Verordnungen und Berechnungsvorschiften dar. Die EU-Gebäuderichtlinie (Energy Performance of Building Directive EPBD) erstellt für alle EU-Mitgliedsstaaten eine verbindliche Zielvorgabe. Anschließend wird dieses Ziel durch ein nationales Gesetz der jeweiligen Staaten in Inhalt, Zweck und Ausmaß formuliert. In Deutschland geschieht dies durch das Energieeinsparungsgesetz (EnEG). Die jeweilige Verordnung zum Gesetz, hier Energieeinsparverordnung (EnEV) regelt die Umsetzung. Die genauen Berechnungsvorschriften sind den DIN-Normen zu entnehmen, hier DIN 18599 oder DIN 4701-10 mit DIN 4108.
Um den Einsatz von erneuerbaren Energien zu forcieren, unterstützt das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz ­(EEWärmeG) das EnEG. Im EEWärmeG wird die Mindesthöhe des Anteils an erneuerbaren Energien für Neubauten vorgegeben. Tab.1 stellt diese Mindestanforderungen dar. Da die Nutzung erneuerbarer Energien im gesetzlich geforderten Umfang nicht überall sinnvoll umsetzbar ist, erlaubt §7 des EEWärmeG Ersatzmaßnahmen. Hier sind allem voran ein um 15% verbesserter Wärmeschutz der Gebäudehülle und ein um 15% reduzierter Jahres-Primärenergiebedarf bezogen auf die Anforderungen der EnEV zu nennen.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) regelt die Einspeisung und Vergütung von regenerativem oder durch Kraft-Wärmekopplung erzeugtem Strom ins öffentliche Netz.
Die EU-Gebäuderichtlinie aus dem Jahr 2010 fordert die verbindliche Einführung eines Niedrigstenergie-Gebäudestandards (englisch: nearly zero energy building NZEB) mit Beginn des Jahres 2021 für alle privaten Neubauten. Nach Artikel 2 der EU-Gebäuderichtlinie ist ein Niedrigstenergiegebäude ein Gebäude, das eine sehr hohe Gesamtenergieeffizienz aufweist. „Der fast bei Null liegende oder sehr geringe Energiebedarf sollte zu einem ganz wesentlichen Teil durch Energie aus erneuerbaren Quellen (feste, flüssige oder gasförmige Biomasse) – einschließlich Energie aus erneuerbaren Quellen (Solarthermie bzw. mit Photovoltaik, Wind- oder Wasserkraft erzeugter Strom), die am Standort oder in der Nähe erzeugt wird – gedeckt werden“. Die Forderung, den Strom auf dem eigenen Grundstück zu erzeugen, entspringt dem Gedanken, die öffentlichen Stromnetze zu entlasten.
Deutschland hat es leider noch immer nicht geschafft, den von der EU-Richtlinie geforderten Niedrigstenergie-Gebäudestandard exakt zu definieren und die Methode zur Berechnung der Energieeffizienz vorzustellen bzw. festzulegen. Das Versprechen des Bundes­ministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, bis spätestens Ende 2018 eine Festlegung zu treffen und diese bekanntzugeben, ist im Moment wenig hilfreich. Neben den Grenzwerten sind die Bilanzgrenzen von entscheidender Bedeutung. Es ist nämlich ein Unterschied, ob nur der Strombedarf für den Betrieb der Anlagentechnik (geltende EnEV), oder wie in [1] für Effizienzhäuser Plus gefordert, auch der Strom für den Nutzen des Gebäudes (z.B. Haushaltsstromverbrauch) bei der Bilanzierung berücksichtigt werden muss.